Dein Mutterpass (Teil 2)

Alles, was du schon immer wissen wolltest.

Willkommen beim zweiten Teil des Blogbeitrages! Im ersten Beitrag haben wir uns gemeinsam die Seiten 1 – 6 deines Mutterpasses zusammen ausführlich angeschaut – jetzt wollen wir dasselbe mit dem Rest machen. Nimm dir also deinen Mutterpass zur Hand, mache es dir gemütlich und lass uns gemeinsam blättern.

Seite 7 und 8:

Auf den Seiten sieben und acht findest du euer sogenanntes Gravidogramm: Es gibt einen Gesamtüberblick über eure Schwangerschaft. Dieses ist auch für mich als Hebamme sehr wichtig, da es mir Rückschlüsse darüber erlaubt, wie sich euer Körper im Verlauf der Schwangerschaft verhält.

In der ersten Spalte wird immer das Datum des jeweiligen Untersuchungstages eingetragen. Danach die errechnete Schwangerschaftswoche, gefolgt von einem eventuell korrigierten Wert (siehe Blogbeitrag Teil 1). Da es immer zu kleineren Schwankungen kommen kann, ist das erstmal kein Grund zur Beunruhigung. Sollten ernsthafte Unverhältnismäßigkeiten auftreten, wird dich dein Arzt unverzüglich und deutlich darüber informieren.

Als nächstes betrachtet man den Fundusstand sowie den Symphysen – Fundusabstand. Der Fundus entspricht der obersten Kante der Gebärmutter, die Symphyse ist ein kleiner Knochen, welcher vorne unsere Beckenknochen zusammenhält. Im weiteren Verlauf der Schwangerschaft kann der Arzt euren Bauch abtasten und dadurch die Lage der Gebärmutter feststellen. Dabei stehen dann die Zahlen, z.B. 1 oder 2 für die Anzahl der Querfinger, das -S- für Symphyse, das -N- für Nabel und das -RB- oder nur -R- für Rippenbogen. Der Befund –Rb3- würde dann bedeuten, dass deine Gebärmutter 3 Querfinger unter dem Rippenbogen liegt.

Eine besonders wichtige Spalte trägt die Bezeichnung ‚Kindslage‘. Hier wird eingetragen ob sich euer Baby in der SL (Schädellage), QL (Querlage) oder BEL (Beckenendlage) befindet. Oft wird hier schon in den frühen und mittleren Schwangerschaftswochen die Ausgangsposition des kleinen Schatzes misstrauisch beäugt. Dabei ist dies wirklich nicht nötig: Euer Baby hat noch ganz viel Platz, den es gerne ausnutzt und sogar Purzelbäume schlägt. Was dort eingetragen wird ist nicht mehr und nicht weniger eine Momentaufnahme, ein Zufallsbefund und hat keine Relevanz. Ungefähr ab der 28. SSW wäre das Einnehmen der richtigen Richtung wünschenswert – ist aber auch hier noch kein endgültiges Muss. Für kleine Mäuse, die sich gar nicht drehen mögen, gibt es bei eurer Hebamme noch Tipps und Tricks abzuholen, die ausprobiert werden können. Gegebenenfalls kommt für euch sogar eine äußere Wende in Frage, auf die größere Krankenhäuser in eurer Nähe mit Sicherheit spezialisiert sind. Sucht hierzu das Gespräch mit eurem Arzt oder eurer Hebamme.

Zunächst werden die Kindsbewegungen und die Herzaktivität eures Babys via Ultraschall festgestellt und in den Spalten meist ein Kreuz gesetzt. Später kommt das regelmäßig geschriebene CTG hinzu, bei dem ihr den Herztönen lauschen könnt. Wusstet ihr, dass die Frauen in der zweiten Schwangerschaft die Bewegungen ihres Babys meist schön etwas früher spüren?

Zum Ende der Schwangerschaft, bei manchen Frauen aber auch schon früher, kann es zu sogenannten Wassereinlagerungen (Ödemen) kommen. Diese betreffen oft nicht nur die Beine, sondern auch Hände und Gesicht. Es gibt allerdings einige Möglichkeiten ihnen entgegenzuwirken bzw. euch Linderung zu verschaffen. Scheut euch nicht um Hilfe zu bitten.

Setzt euer Arzt in der Spalte mit dem Namen Varikosis ein Kreuz, leidet ihr unter Krampfadern.

Die wahrscheinlich am misstrauischsten beäugte Spalte: das Gewicht. Bei einer normalgewichtigen Frau beträgt die Zunahme in der der gesamten Schwangerschaft ungefähr 10 kg bis 16 kg. Viel wichtiger als jedes einzelne Kilo zu zählen sind aber ganz klar eine gesunde und ausgewogene Ernährung, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Wasser, ungesüßte Getränke) und moderate Bewegung, um für die Geburt fit zu bleiben. Die Gewichtszunahme kann von Frau zu Frau variabel sein, ebenso der Bauchumfang. Hütet euch davor, dort Vergleiche anzustellen. Euer Babybauch ist genauso einzigartig, wie euer kleiner Bauchbewohner. Seine Maße hängen von eurer Größe, den vorausgegangenen Schwangerschaften, von einer gewissen Veranlagung und vielen weiteren Faktoren ab. Es ist auch nicht zwangsläufig möglich, von der Größe des Bauches auf die Größe des Babys zu schließen.

In der darauffolgenden Spalte geht es um euren Blutdruck. Dieser wird bei jedem Termin gemessen und hier eingetragen. Anfangs ist er bei den meisten Frauen aufgrund der Hormonumstellung etwas zu niedrig, stabilisiert sich dann aber wieder im Verlauf der Schwangerschaft. Zum Ende hin kann es zu einem erhöhten Blutdruck aufgrund des vermehrten Blutvolumens kommen. Hier zeigt sich ebenso ein Zusammenhang mit einer zu starken Gewichtszunahme. Da ein hoher Blutdruck schon außerhalb einer Schwangerschaft einen Krankheitswert besitzt, muss dieser Umstand beobachtet und ggf. behandelt werden, da es sonst zu Beeinträchtigungen bei Mutter und Kind kommen kann. Einige mögliche Komplikationen während der Schwangerschaft gehen ebenso mit einem erhöhten Blutdruck einher – deswegen wird so ein Befund immer sorgfältig abgeklärt werden müssen.

Die nächste Spalte widmet sich euren Eisenwerten. Es wird das Hämoglobin in eurem Blut überwacht, das sind die roten Blutkörperchen, unsere Sauerstoffträger. In der Schwangerschaft braucht der Körper mehr Sauerstoff, also auch mehr Blut. In der 14. SSW sollte die Blutmehrbildung abgeschlossen sein. Ab da fühlt man sich dann meist fitter. Bei etwas zu niedrigen Eisenwerten könnt ihr euch gerne Ernährungstipps einholen, die helfen, euer Depot wieder aufzufüllen.

Der nächste größere Abschnitt befasst sich mit euren Nierenwerten. Jeder Termin beim Frauenarzt beinhaltet auch die Abgabe einer Urinprobe – deswegen solltet ihr eure Nieren vor jedem Arztbesuch einmal durchspülen, heißt: ordentlich trinken. Bitte nehmt in der Schwangerschaft hauptsächlich Wasser, Kräutertees und ungesüßte Schorlen zu euch.

Der Urin wird dann in der Praxis auf Eiweiß, Zucker, Blut und Bakterien kontrolliert. So kann der Arzt z.B. eine nicht bemerkte Blasenentzündung oder Hinweise auf andere Krankheiten ausschließen. Eure Nieren leisten in der Schwangerschaft mehr als sonst. Sie scheiden zusätzlich die Schadstoffe vom Baby aus. Als Faustregel gilt: Immer so viel trinken, dass euer Urin fast klar aussieht. Ist der dunkel / zu gelb, braucht es mehr Flüssigkeit.

In der Spalte der vaginalen Untersuchungen müsste eigentlich nur ein früher Ultraschall vermerkt sein, bei dem der Muttermund ausgemessen wurde. Die Länge variiert nämlich von Frau zu Frau und kann zwischen zwei und vier Zentimeter betragen. Dieser Ausgangswert ist wichtig, wenn man später bei eventuellen Kontraktionen feststellen möchte ob diese muttermundswirksam sind, meint, diesen verkürzen. Am Ende der Schwangerschaft wird nochmal kontrolliert ob der Muttermund geburtsreif ist. Vaginale Untersuchungen sollten nach dem Grundsatz „So wenig, wie möglich und so viel, wie nötig.“ durchgeführt werden. Trotz großer Sorgfältigkeit und strenger Hygienemaßnahmen kann es vereinzelnd zu kleinen Irritationen und/oder Infektionen kommen. Dies gilt es zu vermeiden.

Am Ende der Tabelle erfolgt die Risikobewertung durch den Arzt (Tabelle B = besondere Befunde in der Schwangerschaft auf Seite 6) und die Möglichkeit in eine letzte Spalte sonstige Befunde, etc. einzutragen.

Zunächst werdet ihr sicherlich ca. alle vier Wochen einbestellt werden, dann später in der Schwangerschaft alle zwei Wochen, zum Ende hin jede Woche und ab dem ET alle zwei Tage. Den Zeitraum legt nach besten Wissen und Gewissen euer Arzt fest.

Bei meiner langjährigen Arbeit als Hebamme habe ich schon viele Mutterpässe gesehen. Es wundert mich zusehends, dass manche Frauen massig Untersuchungen haben obwohl gar keine Risikoschwangerschaft vorliegt. Manchmal kann man getrost sagen, dass Weniger doch Mehr wäre.

Seite 9:

Auf dieser Seite kann der Arzt im ersten Abschnitt alle Besonderheiten noch einmal zusammenfassen, falls es denn welche geben sollte. Im zweiten Abschnitt werden eventuelle stationäre Behandlungen während eurer Schwangerschaft notiert, solltet ihr aus irgendwelchen Gründen im Krankenhaus gewesen sein. Mit den Cardiotokographischen Befunden sind eure CTG-Termine gemeint: bis vor kurzem war es noch Standard, damit in der 28. SSW zu beginnen. In den neuen Schwangerschaftsrichtlinien ist dies nur noch bei Risikoschwangerschaften empfohlen, ansonsten ab der 36. SSW.

Seite 10, 11 und 12:

Auf beiden Seiten findet ihr die Befunde der drei großen Ultraschalluntersuchungen, welche euer Frauenarzt durchführt. Natürlich stöbert man hier besonders neugierig! Falls ihr keine Risikoschwangerschaft habt, was bei dem Großteil der Frauen der Fall ist, sind es wirklich nur drei Ultraschalluntersuchungen, die durchgeführt werden sollten.

Die erste findet zwischen der 8. und der 11. SSW statt. Hier werden die Platzierung, die Einnistung, der Herzschlag, die Anlagen eures Babys und die Nackenfalte kontrolliert.

Bei der zweiten großen Untersuchung zwischen der 18. und der 22. SSW wird ein umfassender Organscan durchgeführt um eventuelle Fehlbildungen auszuschließen.

Der dritte große Ultraschall zwischen der 28. und der 32. SSW kontrolliert noch einmal das normgerechte Wachstum.

Weitere Untersuchungen können die Feindiagnostik bei einem hierfür speziell ausgerüsteten und qualifizierten Pränataldiagnostiker sein. Meist werdet ihr von eurem Frauenarzt dorthin überwiesen. Eigentlich sollte diese Untersuchung nur bei Auffälligkeiten zur Abklärung erfolgen, doch wird sie von vielen werdenden Eltern auch bei unauffälligen Befunden in Anspruch genommen. Dies gilt auch für die Pränataldiagnostik in der Frühschwangerschaft. Hier muss jedes Paar bzw. jede werdende Mutter für sich entscheiden, wie viel Abklärung wirklich nötig ist und was gewisse Wahrscheinlichkeiten (Nicht nur Ergebnisse!) für den weiteren Verlauf der Schwangerschaft bedeuten würden. Hierzu sollte man sich ausführlich beraten lassen und eine individuelle Entscheidung treffen.

Zur Zeit (Stand 2021) gibt es in Rostock und Lübeck, aber auch wieder an bestimmten Tagen direkt in Wismar die Möglichkeit, sich einer feindiagnostischen Untersuchung zu unterziehen.

Am Ende eurer Schwangerschaft werdet ihr beim Frauenarzt wieder engmaschiger kontrolliert werden. Hierbei wird er via Ultraschall eure Plazenta und die Fruchtwassermenge kontrollieren.

Eure Befunde der Feindiagnostik oder zum Beispiel aus dem Krankenhaus, wenn ihr zur Geburtsplanung geht, finden auf der Seite 12 eures Mutterpasses ihren Platz.

Seite 13:

Die sogenannten Wachstumskurven findet ihr auf der Seite 13. Dem Thema stehe ich persönlich ein wenig zwiegespalten gegenüber: Ab der Schwangerschaft bis zur Geburt und noch darüber hinaus muss euer Baby so schon eine gewisse Norm erfüllen. Aber wer von uns ist schon ‚normgerecht‘? Ist es nicht logisch, dass, wenn beide Elternteile eher klein sind, dann auch kein riesiges Baby in deinem Bauch heranwächst? Oder dass große Eltern vielleicht größere Kinder gebären? Viel wichtiger, als irgendwelche Linien zu besetzen ist, ein gleichmäßiges Wachstum eurer Kinder und eine ebenso stetige Gewichtszunahme. Jedes Kind entwickelt sich mit zunehmenden Schwangerschaftsalter immer individueller und das ist auch gut so! Die Beurteilung des Schwangerschaftsverlaufes obliegt eurem Arzt, der sie von Anfang an kennt und nach bestem Gewissen überwacht und einschätzt. Aber auch Ultraschallmessungen verlieren mit dem voranschreitenden Schwangerschaftsverlauf immer mehr an Genauigkeit. Am Endet haben wir eine Fehlerquote von bis zu 10 %. Das kann bei einem geschätzten Gewicht von 3200 Gramm eine Diskrepanz von +/- 320 Gramm bedeuten.

Die auf der Seite benutzten Abkürzungen bedeuten Folgendes:

BPD = steht für den Kopfumfang an der breitesten Stelle, SSL = ist die Scheitel-Steiß-Länge und wird oft am Angang der Schwangerschaft angegeben. ATD = ist der Thoraxdurchmesser (Brustumfang).

Seite 14, 15 und 16:

Hier beschäftigen wir uns mit den letzten Seiten, die für euch in dieser Schwangerschaft von Bedeutung sind. In einem Mutterpass ist nämlich immer auch Platz für ein weiteres Baby.

Auf der vierzehnten Seite gibt es abermals Spalten für weiterführende Ultraschalluntersuchungen und dopplersonografische Untersuchungen, falls spezielle Befunde noch einmal abgeklärt werden müssen.

Tja – und dann, mit der Seite 15 – bist du schon Mama eines wunderschönen Babys!

Hier werden alle deine Daten und die eurer Schwangerschaft und Geburt samt dem frühen Wochenbett kurz und knapp auf einem Blick dargestellt. Diese Seite wird in eurer Geburtsklinik oder von eurer Hausgeburtshebamme ausgefüllt.

Nach sechs bis acht Wochen werdet ihr für eine weitere Abschlussuntersuchung bei eurem Gynäkologen vorstellig und dieser trägt seine Befunde auf der letzten Seite ein. Er wird euch umfassend körperlich untersuchen, euch eine Blut- und Urinprobe abnehmen und euch nach eurer Stillbeziehung befragen.

 

Jetzt ist es vollbracht und du bist seit ungefähr zwei Monaten stolze Mama!

Vielleicht wirst du von mir betreut und wir haben zusammen das Wochenbett bestritten und langsam kommt das kleine Menschlein in deinen Armen in dieser Welt an.

Von Herzen wünsche ich euch eine wunderschöne Zeit und alles Glück dieser Welt.