Dein Mutterpass (Teil 1)

Alles, was du schon immer wissen wolltest.

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Endlich ist er in deiner Handtasche und du kannst es kaum erwarten, ihn auszupacken, es dir gemütlich zu machen und ganz genau zu schauen, was dein Frauenarzt oder deine Frauenärztin schon alles eingetragen hat. Doch was bedeuten diese ganzen Abkürzungen eigentlich? Hattet ihr das im Gespräch geklärt?

Oft kommt man sich als Laie beim ersten (und auch oft bei weiteren Blicken) in den Mutterpass etwas überfordert vor. Selbst wenn man mit seinem Arzt ausführlich über alles gesprochen hat, ist man meist so aufgeregt, dass man die Hälfte auf dem Weg nach Hause schon wieder vergessen oder vielleicht erst gar nicht erfragt hat.

Deshalb gebe ich dir hier an dieser Stelle, Seite für Seite, die wichtigsten Erklärungen und Basics aus deinem Mutterpass mit an die Hand – nimm ihn dir vor und lass uns gemeinsam darin blättern.

Die erste Seite:

Der Mutterpass ist das offizielle Dokument für deine individuelle Schwangerschaft und du solltest ihn immer dabei haben. Ob du ihn in eine schöne Extrahülle packst oder deine Ultraschallbilder und eventuellen zusätzlichen Befunde in der originalen Version verstaust – wichtig ist, dass er immer bei dir ist. Du bekommst ihn innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen bei deinem Frauenarzt. Der Zeitpunkt kann von Praxis zu Praxis durchaus variieren.

Auf der ersten Seite gibt es Platz für den Stempel der dich betreuenden Arztpraxis sowie ggf. für den deiner Hebamme. Dies ist durchaus wichtig, denn in einem Notfall muss alles schnell gehen und oft hat man selbst dann keine Zeit Auskunft zu geben. Darunter befindet sich die Terminspalte, in die die Praxishelferinnen dir deine Termine auf einen Blick eintragen können.

Die Seiten zwei, drei und vier:

Auf diesen Seiten geht es schon los mit der geballten Datenflut: hier findest du nach und nach alle wichtigen Laborergebnisse, die dein Arzt via Bluttest oder anderen Untersuchungsoptionen ermitteln konnte.

Als erste wichtige Punkte wurden deine Blutgruppenzugehörigkeit und der Rhesusfaktor aufgeführt. Ist dieser als positiv gekennzeichnet, ist alles soweit in Ordnung. Lautet dein Ergebnis ‚negativ‘, wird dein Frauenarzt zunächst abfragen, wie die ganze Sache sich bei deinem Partner verhält. Ist seine Blutgruppe als ‚positiv‘ bestimmt, besteht eine reelle Chance, dass dies bei eurem Baby ebenfalls so ist und du als Mutter im ungünstigsten Fall Antikörper gegen das entstehende Leben in deinem Bauch entwickelst. Dies hätte dann zur Folge, dass dein Körper euer Baby abstößt. Gut zu wissen, dass euch mit einer einfachen Spritze geholfen werden kann. Sie verhindert die Bildung der Antikörper. Nach der Geburt gibt es dann innerhalb der ersten 48 Lebensstunden noch einen kleinen Piks. Der Antikörper-Suchtest wird für alle in der 28. SSW wiederholt. Bei Patientinnen mit negativem Rhesusfaktor erfolgt natürlich eine engmaschige Kontrolle.

Des Weiteren wird eure gesamte Infektionslage abgefragt. Dabei handelt es sich um Krankheiten, die besonders beim Auftreten in der Schwangerschaft Gefahren für das ungeborene Kind mit sich bringen können (Röteln, Zytomegalie, Toxoplasmose, Ringelröteln, etc.). Hierzu findet ihr ebenfalls einen Aufkleber auf der Seite vier. Euer betreuender Arzt und auch ich können euch bei Fragen zu den Krankheiten und zum Präventionsverhalten eurerseits sehr gerne aufklären – bitte seht davon ab zu googlen.

In den neuen Mutterpässen gibt es auf der Seite zwei die Möglichkeit, eine in der Schwangerschaft erfolgte Grippeschutzimpfung eintragen zu lassen. Diese ist, sowie die Keuchhustenimpfung, mittlerweile in der Schwangerschaft empfohlen.

Auf den Seiten drei und vier werden die Untersuchungsergebnisse der Tests auf eventuelle Geschlechtskrankheiten aufgeführt. Dazu gehören Chlamydien, LSR (LUES-Such-Reaktion) als anderer Begriff für Syphilis (Hier steht kein Ergebnis, sondern nur, dass der Test durchgeführt wurde.), HIV (Ebenso.) und der Nachweis HBs-Antigen (Hepatitis). Beim HI-Virus und der Syphilis-Krankheit handelt es sich um meldepflichtige Geschlechtskrankheiten. Aus Datenschutzgründen ist das Ergebnis nicht in eurem Pass eingetragen, doch wird es natürlich mit euch besprochen. Der Hepatitis-Test erfolgt in der 34. SSW, da er für die Geburt wichtig ist.

Auf der vierten Seite oben werden alle eure vorausgegangenen Schwangerschaften aufgelistet und ebenfalls deren Ausgang. Dies bedeutet, dass auch Fehlgeburten hier ihren Platz haben. Habt ihr schon Baby(s) geboren, steht dort die Jahreszahl mit Geburtsmodus (Spontangeburt, Sectio, etc.). Auch auffällige Schwangerschaftsverläufe und Komplikationen sowie Größe und Gewicht eures Babys / eurer Babys werden hier vermerkt.

Im Kasten darunter sind alle Beratungsthemen, von der Krebsfrüherkennung bis hin zur Mundhygiene in der Schwangerschaft aufgelistet, welche euer Arzt mit euch besprechen sollte. Hier ist es oft dem Praxisalltag geschuldet, dass einige Themen vielleicht zu kurz kommen: Scheut euch nicht dies anzusprechen bzw. euch ausführlichen Rat bei mir oder einer anderen Hebamme zu holen. Bevor ihr bei irgendwelchen vermeidlichen ‚Experten‘ im Internet oder in irgendwelchen Foren sucht, vertraut bitte auf euer Bauchgefühl und den Menschen, die eure individuelle Schwangerschaft betreuen.

Seite 5:

Die fünfte Seite beginnt mit den Standarddaten der Frau: Alter, Größe und Gewicht. Man geht von einer ungefähren Gewichtszunahme von etwa 12 bis 15 Kilogramm aus, muss aber diese Entwicklung bei jeder Frau individuell betrachten (Ausgangsgewicht, Erkrankungen, etc.).

Darunter werden mit römischen Ziffern die vorausgegangenen Schwangerschaften (Gravida) und die tatsächlich geborenen Kinder (Para) angegeben.

Die folgenden Items zum Ankreuzen, beschreiben die Krankheitsgeschichte der Frau (Anamnese). Hat sie eventuell Vorerkrankungen, gibt es irgendwelche Besonderheiten, familiäre Erkrankungen, psychische Belastungen, usw.

Danach nimmt der behandelnde Arzt anhand der erhobenen Daten eine Risikobewertung der vorliegenden Schwangerschaft vor. Er muss das Alter der Frau, ihr Gewicht und die Anzahl der vorangegangenen Geburten miteinbeziehen – genauso aber eben auch den individuellen Verlauf der Schwangerschaft beurteilen und dies möglichst einfühlsam der werdenden Mutter vermitteln. Die Einstufung als ‚Risikoschwangere‘ (Kreuz im roten Balken am Ende der Seite) bedeutet für sie und ihr Baby, dass sie sich engmaschigeren Kontrollen und einer intensiveren Beobachtung unterziehen muss.

Ganz am Ende der Seite gibt es eine Zeile für Besonderheiten. Hierzu zählen die Einnahme von bestimmten Medikamenten oder der Umstand, dass das Baby vielleicht durch eine künstliche Befruchtung entstanden ist.

Seite 6:

Diese Seite widmet sich auf der ersten Hälfte besonderen Befunden, die im Schwangerschaftsverlauf auftreten können. Dazu können psychische oder familiäre Belastungen genauso wie frühzeitige Wehen, Blutungen oder Gestationsdiabetes gehören. Mittlerweile ist der Zuckertest in der Frauenarztpraxis Standard und wird in den Mutterschaftsrichtlinien empfohlen. Frauen, die einen Diabetes in der Schwangerschaft entwickeln, nehmen oft sehr stark zu und gebären meist sehr große und schwere Kinder.

Auf der zweiten Hälfte der Seite erfolgt die Terminbestimmung eurer Geburt. Hier sollte der Zyklus betrachtet werden, denn bei Schwankungen muss eine Anpassung des errechneten Termins (ET) erfolgen. Des Weiteren wird der erste Tag eurer letzten Periode eingetragen und dann mithilfe der Naegele-Regel euer ET berechnet. Detailinformationen zur Berechnung und ihren Eigenheiten/Ungenauigkeiten findet ihr hier im zweiten Blogbeitrag.

In einer anderen Zeile wird das Datum eingetragen, an dem eure Schwangerschaft in der Praxis festgestellt wurde und um welche Schwangerschaftswoche es sich zu dieser Zeit handelte.

Terminverschiebungen des ETs erfolgen eigentlich nur, wenn zwischen der Feststellung des Schwangerschaftsalters via Berechnung und via Ultraschall mehr als 14 Tage Diskrepanz vorliegen – viele Ärzte machen dies allerdings schon vorher.

Dabei kommen nur drei Prozent (!) aller Kinder genau an ihrem ET. Ist das Kind aber dann noch nicht geboren, spricht man gleich von einer zeitlichen Übertragung, die aber wahrscheinlich nur auf einer Messungenauigkeit beruht. War das Kind wirklich zu lange im Bauch, sieht man es ihm an - dabei handelt es sich dann aber um eine biologische Übertragung.

Meine persönliche Meinung dazu ist, dass in den allermeisten Fällen der Apfel dann vom Baum fällt, wenn er reif ist. Die Überwachungssituation ist heutzutage bei Terminüberschreitungen möglich und sehr gut. Einleitungsmaßnahmen werden oft viel zu früh und m.E. unnötig begonnen. Und noch ein kleiner Tipp: Behaltet ruhig euren ET für euch. Das private Umfeld übt zum Ender der Schwangerschaft oft (ungewollten) Druck auf die werdende Mutter aus und diese ist so kurz vor der Geburt, ganz klar, mit anderen Sachen beschäftigt.